Europäisches Parlament

 

Das Europäische Parlament, bis 1962 als Parlamentarische Versammlung bezeichnet, wurde 1958 infolge der Unterzeichnung der Römischen Verträge geschaffen. Seine 142 Mitglieder wurden aus den Reihen der Mitglieder der nationalen Parlamente ernannt, deren Staaten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft angehörten. Über die Jahre hat das Europäische Parlament seine Befugnisse ausgeweitet: von einer einfachen Kontroll- und Unterstützungsfunktion für die Hohe Behörde über die Mitwirkung am Haushalt und an der Gesetzgebung bis zur Rolle des Mitgesetzgebers gemeinsam mit dem Rat.

Constitutive session, 1958Konstituierende Sitzung der neuen Europäischen Parlamentarischen Versammlung im Jahr 1958 © Europäische Gemeinschaften 1958

Von der Parlamentarischen Versammlung zum Europäischen Parlament

Anfangs verfügte die Europäische Parlamentarische Versammlung nur über wenige Befugnisse. Ihre wichtigste Befugnis bestand in der Ausübung politischer Kontrolle über die Exekutivorgane (Hohe Behörde der EGKS, EWG-Kommission, Euratom-Kommission und die gemeinsame Kommission ab 1967). Im Vergleich zur Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl gab es beträchtliche Fortschritte zu verzeichnen: Misstrauensanträge konnten jederzeit und nicht nur anlässlich der Vorlage des Jahresberichts eingebracht werden. Die Versammlung konnte durch die Steigerung der Zahl der schriftlichen und mündlichen Anfragen an die Europäische Kommission auch etwas Kontrolle über die Exekutivorgane der Gemeinschaft erlangen. Diese Anfragen gingen manchmal mit Aussprachen einher und zogen Abstimmungen über Entschließungen nach sich. In diesem Zeitraum gab es auch vermehrt Bemühungen seitens des Europäischen Parlaments, Einfluss auf die Gesetzgebung zu nehmen.

Ein tatsächlicher Fortschritt wurde jedoch in Haushaltsangelegenheiten erzielt. 1975 wurde der Versammlung mit dem Vertrag von Brüssel das Recht zugesprochen, den Haushaltsplanentwurf der Europäischen Gemeinschaft im Falle einer ernsthaften Meinungsverschiedenheit mit dem Rat abzulehnen und diesen damit zu einer Änderung des Entwurfs zu verpflichten. Ab diesem Zeitpunkt musste der Präsident des Europäischen Parlaments den Gemeinschaftshaushalt unterzeichnen, damit dieser in Kraft treten konnte. Mit dem Vertrag von Brüssel erhielt das Europäische Parlament auch die Befugnis, der Kommission Entlastung für die Ausführung des Haushalts zu erteilen.

Seit 1979 wählen die Unionsbürgerinnen und -bürger alle 5 Jahre in Direktwahl die Mitglieder des Europäischen Parlaments.

Most Senior MEP Louise Weiss Chairs Plenary SessionLouise Weiss führt als Alterspräsidentin während der Wahl von Simone Veil den Vorsitz im Plenum © Europäische Gemeinschaften 1979

Was befindet sich im Archiv?

Zum Bestand gehören parlamentarische Berichte und andere einschlägige Dokumente (z. B. Änderungsanträge, Arbeitsdokumente), parlamentarische Anfragen, Entschließungsanträge, Erklärungen, Protokolle von Ausschusssitzungen sowie Aussprachen und Reden von Abgeordneten in Plenarsitzungen. Parlamentarische Berichte stellen das am häufigsten vertretene Verfahren dar. Andere Verfahren haben mit der Zeit an Bedeutung gewonnen, darunter etwa parlamentarische Anfragen.

Die Dokumente verdeutlichen die Erweiterung der Aufgaben des Parlaments innerhalb der institutionellen Architektur der Gemeinschaft und der europäischen Union und zeigen, dass das Parlament seine Befugnisse zur Stärkung seiner Stellung genutzt hat.

Welche Dokumente sind enthalten?

Angesichts des Geltungsbereichs der Verträge und der internen Struktur der Versammlung beziehen sich die meisten Akten auf die Arbeit der parlamentarischen Ausschüsse und die Abläufe in den Plenarsitzungen (parlamentarische Berichte und Sitzungsprotokolle). Obwohl die Existenz parlamentarischer Ausschüsse nicht auf den ausdrücklichen Willen der Unterzeichner der Verträge zurückzuführen ist, waren diese Gremien fester Bestandteil der parlamentarischen Systeme aller Mitgliedstaaten. Die beständig steigende Zahl parlamentarischer Ausschüsse illustriert die Praxis, die sich in diesem Bereich über die Jahre entwickelt hat, und steht beispielhaft für die Komplexität, die die parlamentarische Arbeit im Laufe der Zeit kennzeichnete. 

Parlamentarische Berichte stellen das am häufigsten vertretene Verfahren dar. Auf Grundlage eines Dokuments der Exekutivorgane oder einer internen Initiative der Versammlung/des Parlaments, legt ein parlamentarischer Ausschuss der Versammlung/dem Parlament in einer Plenarsitzung einen Bericht zur Annahme bzw. Ablehnung vor. Andere in der Geschäftsordnung beschriebene Verfahren wie parlamentarische Anfragen und Petitionen gewannen im Lauf der Zeit ebenso an Bedeutung.

Dokumente aus Delegationen des Europäischen Parlaments werden ebenfalls als Dokumente erachtet, die mit der parlamentarischen Arbeit verknüpft sind. Seit 1975 koordiniert die Generaldirektion Ausschüsse und Delegationen die Arbeit der Delegationen, für die sie zuständig war und deren einschlägige Akten sie weiter im Auge behält. Die Delegationen unterhalten und vertiefen internationale Beziehungen zu den Parlamenten traditioneller Partnerländer und zu den Parlamenten von Drittländern. Besuchsberichte, Delegationsprotokolle, Protokolle interparlamentarischer Sitzungen und Akten über die Situation von Ländern nehmen einen großen Teil des Bestands ein.

Agriculture Committee Meeting of February 1978Roger Houdet, Jean Deleau, Jean Durieux, Gerard de Caffarelli, Henri-Guy Caillavet und Niels Anker Kofoed in der Sitzung des Landwirtschaftsausschusses im Februar 1978 im Europäischen Parlament in Straßburg © Europäische Gemeinschaften 1978 – Europäisches Parlament 

Die behandelten Themen stehen mit dem Geltungsbereich der Verträge im Zusammenhang: Atomenergie und ihre zivile Nutzung und die verschiedenen Aspekte des Binnenmarkts. Dazu gehören:

  • Politische und institutionelle Fragen
  • Handelspolitik und wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Drittländern
  • Landwirtschaft
  • Sozialpolitik
  • Binnenmarkt der Gemeinschaft (freier Waren-, Personen-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr)
  • Langfristige Wirtschaftspolitik, Finanzangelegenheiten und Investitionen
  • Assoziierung der überseeischen Länder und Hoheitsgebiete
  • Verkehr
  • Energiepolitik
  • Wissenschaftliche und technische Forschung
  • Sicherheit, Gesundheit am Arbeitsplatz und Gesundheitsschutz
  • Interinstitutionelle Beziehungen

Ordnung des Bestands

Die Dokumente sind für jede Wahlperiode nach demselben Muster geordnet, das wiederum die legislative Arbeit des Parlaments widerspiegelt: parlamentarische Berichte, Entschließungsanträge, parlamentarische Anfragen, Aussprachen im Plenum, Protokolle von Plenarsitzungen und Protokolle von Ausschusssitzungen. Für jede Wahlperiode folgt die Ordnung der Dokumente derselben Struktur, um die parlamentarische Tätigkeit widerzuspiegeln.

Der Bestand umfasst die folgenden Wahlperioden:

• Das Europäische Parlament vor der Direktwahl (1958–1979)
• Erste Wahlperiode (1979–1984)
• Zweite Wahlperiode (1984–1989)
• Dritte Wahlperiode (1989–1994)
• Vierte Wahlperiode (1994–1999)
• Fünfte Wahlperiode (1999–2004)
• Sechste Wahlperiode (2004–2009)
• Siebte Wahlperiode (2009–2014)
• Achte Wahlperiode (2014–2019)

Plenary Session in Strasbourg in 1967Die Abgeordneten bei einer Sitzung im Plenarsaal des Europäischen Parlaments in Straßburg im Jahr 1967 © Europäische Gemeinschaften 1967