Die Menschen hinter den Namen der Gebäude des Europäischen Parlaments: Konrad Adenauer


European Parliament Adenauer Building, LuxembourgLänderflaggen vor dem neuen Adenauer-Gebäude des Europäischen Parlaments in Luxemburg © Europäische Union 2020 – Europäisches Parlament

Erster Kanzler der Bundesrepublik Deutschland

Die Europäische Union, in der wir leben, beruht auf den Ideen einer Reihe von Visionären mit unterschiedlichen Hintergründen. Dank ihres unermüdlichen Engagements für Einigkeit, Demokratie, Pazifismus und Wohlstand konnte ein Raum des Friedens geschaffen werden. Einer dieser Gründerväter prägte die Geschichte seines Landes und damit auch Europa maßgeblich. Sein Name war Konrad Adenauer.

Er wurde am 5. Januar 1876 als Sohn einer bescheidenen katholischen Familie in Köln geboren. Wie viele andere Europäer, die für diese Organe von entscheidender Bedeutung waren, schlug er eine Laufbahn in den Rechts- und Wirtschaftswissenschaften ein. Seine künftige Ehefrau lernte er jedoch auf anderem Wege kennen, und zwar 1901 in einem Tennisclub. Sie heirateten drei Jahre später und es gelang ihm über die Familie seiner Frau, in die geschlossene Welt der Politik einzutreten – zunächst im Stadtrat von Köln.

European Parliament Adenauer Building, LuxembourgLänderflaggen vor dem neuen Adenauer-Gebäude des Europäischen Parlaments in Luxemburg © Europäische Union 2020 – Europäisches Parlament

Begabt und beharrlich

Als engagierter Mann voller Ideen wurde er 1917 Bürgermeister von Köln. Zur damaligen Zeit war er der jüngste Inhaber eines solchen Amtes in Preußen. Und er füllte es offensichtlich hervorragend aus, da er von seinen Amtskollegen für seine Entschlossenheit und seine Beharrlichkeit bei der Durchführung groß angelegter Vorhaben wie der allerersten deutschen Autobahn zwischen Bonn und Köln gewürdigt wurde.

Adenauer war bekannt für seine Abneigung gegenüber Extremen, was ihm unter dem Nazi-Regime Probleme bereitet hatte. Er wurde dadurch sogar in den Ruin getrieben – zumindest anfangs. 1933, nach der Machtübernahme durch die Nazis, brüskierte Adenauer Hitler öffentlich, indem er sich weigerte, die Stadt für einen Besuch des „Führers“ mit Hakenkreuzen zu dekorieren. Dieser „Fehltritt“ kostete Adenauer sein Amt. Seine Bankkonten wurden eingefroren, und er fand sich auf der Straße wieder, arbeits- und mittellos. Es war ausschließlich seinen Freunden und der Kirche zu verdanken, dass er den Krieg überstand.

Er wurde mehrmals verhaftet und 1934 in der „Nacht der langen Messer“, als die SS die Macht übernahm, für kurze Zeit inhaftiert. Später, nach dem Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944, saß Adenauer bis November jenes Jahres im berüchtigten Gestapo-Gefängnis in Brauweiler in der Nähe von Köln ein.

Rückkehr

Nach dem Krieg wurde Adenauer mit Unterstützung der Amerikaner wieder als Bürgermeister von Köln eingesetzt. Danach wurde die Kontrolle über die Stadt jedoch den Briten übertragen. Diese trauten niemandem, den sie als „reaktionären Katholiken“ ansahen, und entließen ihn. Daraufhin widmete er sich der Gründung der Christlich Demokratischen Union (CDU). 1949 wurde er der erste Kanzler der Bundesrepublik Deutschland (Westdeutschland). Trotz seines „hohen“ Alters (er war zum damaligen Zeitpunkt 73 Jahre alt) blieb Adenauer – der auch „der Alte“ genannt wurde – 14 Jahre im Amt. Adenauer war auf dem Höhepunkt seiner Macht angelangt und vertrat die Auffassung, dass die Außenpolitik zunehmend an Bedeutung gewinnen würde.

Adenauer, den die beiden Weltkriege tief geprägt hatten, arbeitete sein gesamtes Leben daran, die Demokratie zu etablieren. Deutschland war wirtschaftlich, politisch und moralisch ruiniert. Adenauer war überzeugt, dass das Land seine in der Nachkriegszeit bestehenden Probleme lösen würde, wenn es in die Gemeinschaft der westeuropäischen christlichen Demokratien aufgenommen würde. Ihm ist es auch zu verdanken, dass Westdeutschland Mitglied der NATO wurde. Als leidenschaftlicher Verfechter der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl, die infolge der Schuman-Erklärung vom 9. Mai 1950 gegründet wurde, unterstützte Adenauer das Projekt der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft und dann den Vertrag von Rom, mit dem 1957 die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft und Euratom gegründet wurden.

Konrad AdenauerKonrad Adenauer, ehemaliger deutscher Bundeskanzler und einer der Gründerväter der Europäischen Union, starb am 19. April 1967. © Europäische Union 1989 – Europäisches Parlament

Der Größte

Adenauers Verständnis von Europa war einfach: Nur eine Einigung Europas würde einen Rückfall in die katastrophalen Kriege verhindern, in denen in der Vergangenheit Brüder gegeneinander gekämpft hatten. Er trat vehement für die deutsche Wiedervereinigung und für die Aussöhnung Deutschlands mit seinen alten Feinden ein, insbesondere Frankreich. 1963 erreichte er endlich das, was er wollte: den Elysée-Vertrag – auch als „Freundschaftsvertrag“ bezeichnet –, der die Aussöhnung zwischen Frankreich und Deutschland besiegelte und die uralte Rivalität zwischen den beiden Mächten beendete. Adenauer gelang es, das Ansehen Deutschlands wiederherzustellen – eines Landes, das durch den Extremismus schwer geschädigt und an den Rand des Abgrunds gebracht worden war.

Ein Historiker schrieb: „Konrad Adenauer ist einer der herausragendsten Persönlichkeiten in der Geschichte Europas. Für ihn war die europäische Einigung nicht nur eine Garantie für den Frieden, sondern auch eine Möglichkeit, Nachkriegsdeutschland wieder auf die internationale Bühne zu bringen. Europa, wie wir es kennen, hätte ohne das Vertrauen, das Adenauer mit seiner konsequenten Außenpolitik unter den anderen europäischen Staaten schuf, so nie entstehen können. Sein Wirken wird nach wie vor von der deutschen Öffentlichkeit gewürdigt, die ihn 2003 zum „größten Deutschen aller Zeiten“ wählte.

Das Adenauer-Gebäude ist außerdem das größte Parlamentsgebäude: Nach der Eröffnung der neuen Gebäudeteile im Jahr 2020 hat das Gebäude, in dem alle in Luxemburg ansässigen Abteilungen untergebracht sind, eine Fläche von rund 250 000 m².

European Parliament Adenauer Building, LuxembourgLänderflaggen vor dem neuen Adenauer-Gebäude des Europäischen Parlaments in Luxemburg © Europäische Union 2020 – Europäisches Parlament