Alain Lamassoure, Frankreich, MdEP von 1989 bis 1993 und von 1999 bis 2019


MEP Alain LamassoureAlain Lamassoure bei der Aussprache zur gemeinsamen konsolidierten Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage in der Plenarsitzung in Straßburg © Europäische Union 2018 - Europäisches Parlament

Fraktionen

1989-1991: Liberale und Demokratische Fraktion
1991-1993: Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christlich-demokratische Fraktion)
1999-2009: Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und europäischer Demokraten
2009-2019: Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten)

Nationale Parteien

1989-1993: Union pour la démocratie française - Clubs Perspectives et Réalités 
1999-2003: Union pour la démocratie française
2003-2015: Union pour un Mouvement Populaire
2015-2017: Les Républicains
2017-2019: parteilos

Biografie

Alain Lamassoure wurde in Pau in Frankreich geboren. Er ist Absolvent der Sciences-Po in Paris und ehemaliger Student der ENA (Nationale Hochschule für Verwaltung) (Turgot-Abschluss). Er begann seine Karriere 1968 am Rechnungshof in der Funktion eines Prüfers und arbeitete danach als Rechtsberater. Ab 1973 war er Beauftragter von Maurice Druon, der von 1973 bis 1974 das Amt des Kulturministers innehatte. Danach war er von 1974 bis 1976 Sonderberater im Finanzministerium und von 1977 bis 1978 im Infrastrukturministerium. Gegen Ende der Amtszeit von Valéry Giscard d’Estaing war er von 1978 bis 1981 als leitender Beamter im Präsidialamt der Republik tätig.

Nationale Aktivitäten

Alain Lamassoure war von 1986 bis 1993 als Vertreter des Departements Pyrénées-Atlantiques Mitglied der Nationalversammlung. Während der Amtszeit von François Mitterrand als Präsident der Republik wurde er zum beigeordneten Minister für Europafragen in der Regierung Édouard Balladurs ernannt (1993-1995). Unter der Präsidentschaft von Jacques Chirac und dem Premierminister Alain Juppé arbeitete er von 1995 bis 1997 als beigeordneter Minister für den Haushalt und als Regierungssprecher. Von 1993 bis 1997 waren diese Ämter mit den Vorbereitungen Frankreichs auf den Euro, den Vorbereitungen auf die Erweiterungsrunde von 1995, dem französischen Vorsitz im Rat der Europäischen Union im Jahr 1995 und den Verhandlungen zum Vertrag von Amsterdam und zum Stabilitätspakt verknüpft.

Auf lokaler Ebene war Lamassoure von 1995 bis 1999 erster Beigeordneter Bürgermeister der Stadt Anglet, von 1999 bis 2000 Bürgermeister und anschließend bis 2008 Mitglied des Gemeinderats von Anglet.

Von 1995 bis 2014 war er Mitglied des Regionalrats von Aquitanien. 1995 wurde er Präsident des Gemeindeverbands (Communauté d'agglomération) Bayonne-Anglet-Biarritz, ein Amt, das er bis 2001 innehatte. Anschließend war er bis 2008 Präsident des Rates der Volksvertreter des Baskenlandes (Conseil des élus du Pays Basque).

MEP Alain LamassoureAlain Lamassoure bei der konstituierenden Sitzung des Haushaltskontrollausschusses © Europäische Gemeinschaften 1992 - Europäisches Parlament

Einst Mitglied der von Valéry Giscard d’Estaing während seiner Amtszeit als Präsident der Republik gegründeten Union für die französische Demokratie (UDF), wechselte er zur Volksbewegungsunion (UMP), als diese 2002 geschaffen wurde. Ab 2004 war er nationaler Sekretär für europäische Angelegenheiten. Er gehörte den Leitungsorganen der Demokratischen Versammlung als Generalsekretär an.

Im März 2017 zog er infolge der Affäre Fillon seine Unterstützung für den Präsidentschaftskandidaten der Partei Les Républicains (ehemals UMP), François Fillon, zurück. Aufgrund der Entscheidung des Parteivorstands der Républicains, sogenannte „konstruktive“ Abgeordnete und Minister auszuschließen, gab er im Oktober 2017 bekannt, die Partei zu verlassen.

Er ist Mitglied der Europäischen Bewegung Frankreich, deren Vizepräsident er einst war, und hat enge Beziehungen zu verschiedenen europäischen föderalistischen Fraktionen. Er ist außerdem Ritter des nationalen Ordens der Ehrenlegion.

Derzeit ist er Vorsitzender des Verwaltungsrats der Beobachtungsstelle für den Geschichtsunterricht in Europa.

Europäische Aktivitäten

Lamassoures Engagement für Europa zeigt sich in seiner Arbeit als MdEP. Er hatte während der dritten, fünften, sechsten, siebenten und achten Wahlperiode einen Sitz im Europäischen Parlament. Er war Sprecher der französischen Delegation bei der Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP) und langjähriges Mitglied des Vorstands der Fraktion der EVP.

Der Schwerpunkt seiner Tätigkeit als MdEP lag auf Finanz-, Haushalts- und institutionellen Angelegenheiten. 

Lamassoure war Vorsitzender des Ausschusses für Haushaltskontrolle (1992-1993), Vorsitzender des Haushaltsausschusses (2009-2014) und Vorsitzender des Sonderausschusses zu Steuervorbescheiden und anderen Maßnahmen ähnlicher Art oder Wirkung (2015-2016). 

Er war stellvertretender Vorsitzender des Haushaltsausschusses (1990-1992), stellvertretender Vorsitzender der Delegation für die Beziehungen zu den Maghreb-Ländern und der Union des Arabischen Maghreb (1992-1993) und stellvertretender Vorsitzender der Delegation für die Beziehungen zu Südafrika (1999-2002). 

Er war Mitglied des Haushaltsausschusses, des Ausschusses für Haushaltskontrolle, des Ausschusses für Energie, Forschung und Technologie, des Ausschusses für Industrie, Außenhandel, Forschung und Energie, des Ausschusses für Wirtschaft und Währung, des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten, Menschenrechte, gemeinsame Sicherheit und Verteidigungspolitik, des Nichtständigen Ausschusses zu den politischen Herausforderungen und Haushaltsmitteln der erweiterten Union 2007-2013, dem Sonderausschuss zu den politischen Herausforderungen und den Haushaltsmitteln für eine nachhaltige Europäische Union nach 2013, dem Sonderausschuss zu Steuervorbescheiden und anderen Maßnahmen ähnlicher Art oder Wirkung, dem Untersuchungsausschuss zur Prüfung von behaupteten Verstößen gegen das Unionsrecht und Missständen bei der Anwendung desselben im Zusammenhang mit Geldwäsche, Steuervermeidung und Steuerhinterziehung, sowie dem Ausschuss für konstitutionelle Fragen

Er war Mitglied mehrerer Delegationen, darunter der Delegation für die Beziehungen zu den Ländern Südasiens und der Südasiatischen Vereinigung für regionale Zusammenarbeit (SAARC) sowie der Delegation für die Beziehungen zu Indien.

Lamassoure hat mehrere Berichte über Eigenmittel und den EU-Haushalt sowie über die Beziehungen zwischen der EU und den Mitgliedstaaten verfasst. 2002 und 2003 beteiligte er sich an der Arbeit des Konvents über die Zukunft Europas. Von 2002 bis 2005 war er Vizepräsident der Europäischen Bewegung Frankreich und von 2005 bis 2013 Vizepräsident des Cercle de l’Industrie, der zur „Artikulation einer neuen Industriepolitik und einer besseren wirtschaftlichen Steuerung in Europa“ beitrug. Im März 2007 veröffentlichte der Cercle de l’Industrie einen Bericht, in dem Lamassoure die Unzulänglichkeiten des Finanzierungssystems der Europäischen Union anprangerte und für Eigenmittel eintrat.

MEP Alain LamassoureSitzung des Ausschusses für konstitutionelle Fragen: „Aussprache über die Zukunft Europas“. V. l. n. r.: José María Gil-Robles Gil-Delgado, Karl von Wogau, Valéry Giscard d'Estaing, Alain Lamassoure, Charlotte Cederschiold © Europäische Gemeinschaften 2001

Er war Mitglied mehrerer Delegationen, darunter der Delegation für die Beziehungen zu den Ländern Südasiens und der Südasiatischen Vereinigung für regionale Zusammenarbeit (SAARC) sowie der Delegation für die Beziehungen zu Indien.

Lamassoure hat mehrere Berichte über Eigenmittel und den EU-Haushalt sowie über die Beziehungen zwischen der EU und den Mitgliedstaaten verfasst. 2002 und 2003 beteiligte er sich an der Arbeit des Konvents über die Zukunft Europas. Von 2002 bis 2005 war er Vizepräsident der Europäischen Bewegung Frankreich und von 2005 bis 2013 Vizepräsident des Cercle de l’Industrie, der zur „Artikulation einer neuen Industriepolitik und einer besseren wirtschaftlichen Steuerung in Europa“ beitrug. Im März 2007 veröffentlichte der Cercle de l’Industrie einen Bericht, in dem Lamassoure die Unzulänglichkeiten des Finanzierungssystems der Europäischen Union anprangerte und für Eigenmittel eintrat.

Während der 3. Wahlperiode nahm er 1992 an den Diskussionen über das Verfassungsgesetz vom 25. Juni teil, welches für die Umsetzung des Vertrages von Maastricht über die Europäische Union in nationales Recht notwendig war. Er brachte einen parlamentarischen Änderungsantrag für Artikel 88-1 der Verfassung ein, in dem erklärt wird: „Die Republik wirkt an den Europäischen Gemeinschaften und der Europäischen Union mit, welche aus Staaten bestehen, die sich in freier Entscheidung dazu entschlossen haben, gemäß den Verträgen, durch die sie geschaffen wurden, einige ihrer Befugnisse gemeinsam auszuüben.“ Diese Änderung sollte in der Folge weitreichende Konsequenzen für die französische Rechtsprechung im Bereich des Verfassungs- und Verwaltungsrechts haben. Laut GAJA (Wegweisende Entscheidungen zum Verwaltungsrecht) dient dieser Artikel als Grundlage für die Rechtsprechung des Conseil Constitutionnel, an der sich wiederum die Rechtsprechung des Conseil d’État (Staatsrat) im Fall Arcelor orientiert.

Zur Vorbereitung auf den französischen Vorsitz im Rat der Europäischen Union, der am 1. Juli 2008 begann, beauftragte der damalige Präsident Nicolas Sarkozy Lamassoure 2008 mit der Ausarbeitung eines Berichts über die wirksame Anwendung des Gemeinschaftsrechts im Alltagsleben der Bürger. In seinem Bericht vom 27. Juni 2008 forderte Lamassoure eine bessere Anwendung europäischer Regelungen in Frankreich.

Ab 2014 leitete er das europäische Projekt von Alain Juppé, den er bei den Vorwahlen der Rechts- und Zentrumsparteien im Jahr 2016 unterstützte. Obwohl er für 2017 als Kandidat für die Nachfolge von Martin Schulz als Präsident des Europäischen Parlaments vorgesehen war, konnte er dieses Amt aufgrund der Niederlage von Alain Juppé gegen François Fillon bei den parteiinternen Vorwahlen nicht antreten. 

Am Ende seiner letzten Amtszeit wurde er zum Vorsitzenden des Wissenschaftlichen Komitees der Robert-Schuman-Stiftung ernannt.

Weitere informationen zu seiner Zeit als MdEP finden sich hier

Was sich im Archiv befindet

Das Archiv von Alain Lamassoure ist umfangreich und komplex und spiegelt seine nicht nachlassende Tätigkeit während seiner Amtszeit wider. Ähnlich wie bei der Mehrheit seiner Kollegen ist der Bestand nach drei Haupttätigkeitsbereichen strukturiert. parlamentarische Arbeit, politische Tätigkeit und Schriftverkehr. In den ersten beiden Serien folgt die Ordnung vorwiegend den Aufgaben, mit denen das Mitglied während seiner verschiedenen Amtszeiten, namentlich der 6. (2004–2009), 7. (2009–2014) und 8. Wahlperiode (2014-2019), betraut war, wobei der Schwerpunkt auf der letzten Wahlperiode liegt. Die 3. (1989–1994) und die 5. Wahlperiode (1999–2004) sind in diesem Verzeichnis nicht enthalten.

Der Bestand spiegelt die von Lamassoure bevorzugten Themen wider: Wirtschaft, Finanzen, konstitutionelle Angelegenheiten und die europäische Dimension einst und jetzt. Er war Vorsitzender des Haushaltsausschusses und des Sonderausschusses zu Steuervorbescheiden und Mitglied der Ausschüsse für Wirtschaft, Steuerhinterziehung und zur Wirtschafts- und Verfassungskrise. Außerdem hat er sich durch die Einrichtung des Hauses der Europäischen Geschichte (HEH) und des Europäischen Friedensinstituts (IEP) persönlich für Öffentlichkeitsarbeit im Sinne Europas eingesetzt. Er war auch persönlich in die politische und parlamentarische Arbeit der Fraktion der Europäischen Volkspartei und seiner nationalen Partei, der UMP (Union für eine Volksbewegung), involviert.

Der Bestand bezeugt auch den enormen Arbeitseinsatz von Lamassoure, wie an den zahlreichen in der ersten Aktenlieferung enthaltenen themenbezogenen Akten abzulesen ist, wobei die umfangreichsten Akten jene zu Steuervorbescheiden (TAXE/TAX2) und zur Bürgerinitiative (AFCO) sind. Einige wenige Aktensammlungen beziehen sich auf Aktivitäten auf nationaler Ebene, wie die Vorbereitung der Wahl zum Europäischen Parlament oder Schreiben von Interessengruppen aus seinem Wahlkreis (Aquitaine). Der dritte Teil ist schließlich dem umfangreichen ein- und ausgehenden Schriftverkehr des Mitglieds gewidmet.