Oral History: Archivmaterial zu Lord Henry Plumb

Beziehungen der Institutionen zueinander

 

Das Kooperationsverfahren

Stärkung der Position des Europäischen Parlaments im Entscheidungsprozess der Europäischen Gemeinschaft

 

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Vertretung des Standpunkts des Europäischen Parlaments bei den Gemeinschaftsorganen

Die „Plumb-Delors-Vereinbarung“ und die Teilnahme von Präsident Plumb an Tagungen des Europäischen Rates

 

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Die „Plumb-Delors-Vereinbarung“

 

Nach der Verabschiedung der Einheitlichen Europäischen Akte wurde es für das Europäische Parlament einfacher, seinem Standpunkt in informellen, aber politisch verbindlichen institutionellen Vereinbarungen Geltung zu verschaffen. Diese Vereinbarungen nutzte das Parlament strategisch – um dem Rat und der Kommission Kompetenzen zu entreißen.

Das Europäische Parlament hielt es für notwendig, in der Praxis stärker und wirksamer zu kontrollieren, wie die Kommission ihre Exekutivbefugnisse ausübte. Am 14. März 1988 vereinbarten Jacques Delors (im Namen der Europäischen Kommission) und Lord Plumb (im Namen des Europäischen Parlaments), dass die Kommission dem Parlament alle wesentlichen Informationen über die (meist nur „Ausschüsse“ genannten) Komitologieausschüsse zur Verfügung stellt.

 

Jacques Delors and Lord PlumbEuropäische Feierlichkeiten in Brüssel. Von links nach rechts: Jacques Delors, Lord Plumb © Europäische Gemeinschaften, 1987

 

In der sogenannten Plumb-Delors-Vereinbarung verpflichtete sich die Kommission, alle Entwürfe von Durchführungsrechtsakten „legislativer Art“ dem Parlament „zur Kenntnisnahme“ zu übermitteln, und zwar zeitgleich mit der Übermittlung an den Durchführungsausschuss. Ausgenommen waren davon „routinemäßige Verwaltungsdokumente mit begrenzter Geltungsdauer oder von insgesamt geringer Bedeutung und Dokumente, deren Annahme durch Geheimhaltungs- oder Dringlichkeitserwägungen erschwert wird“.

 

Das Europäische Parlament und der Rat

Definition der Rolle der Institutionen zwischen Komitologie und Einheitlicher Europäischer Akte

 

Die meisten Kommentierenden betrachten die Verwaltungsausschüsse, die in den 1960er-Jahren zur Umsetzung der Gemeinsamen Agrarpolitik gebildet wurden, als Ausgangspunkt der Komitologie. Doch schon bald wurden auch Ausschüsse in anderen Tätigkeitsbereichen, die im EG-Vertrag vorgesehen waren, eingerichtet. Die Zahl der Ausschüsse mit unterschiedlichen Strukturen und Verfahren nahm zu. Die Einheitliche Europäische Akte sorgte dann für Rechtsklarheit im Hinblick auf die Übertragung von Durchführungsbefugnissen. Mit ihr wurde in Artikel 145 des EG-Vertrags eine allgemeine Verpflichtung für den Rat hinzugefügt: Er musste fortan die Befugnisse zur Durchführung der von ihm erlassenen Vorschriften der Kommission übertragen.

In einer der Einheitlichen Akte beigefügten Erklärung wurden die Gemeinschaftsorgane aufgefordert, „vor Inkrafttreten der Akte die Grundsätze und Regeln festzulegen, anhand deren die Durchführungsbefugnisse der Kommission in jedem einzelnen Fall zu definieren sind“. Dies führte zu dem Beschluss des Rates vom 13. Juli 1987 zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse (auch als Beschluss von 1987 bekannt). Er war zur Vereinfachung gedacht und legte die anzuwendenden Verfahren fest. Trotzdem war die Lage, was die Anzahl und die Art der Ausschüsse betraf, noch immer ein wenig kompliziert.

 

10th anniversary of the ECU in Strasbourg10. Jahrestag der Europäischen Währungseinheit (ECU) in Straßburg, Januar 1989 Von links nach rechts: Jacques Delors, Lord Henry Plumb © Europäische Gemeinschaften

Zwar musste das Parlament gemäß Artikel 145 Absatz 3 EG-Vertrag vor der Annahme eines Beschlusses angehört werden, doch eine aktive Rolle spielte es im Komitologieverfahren noch immer nicht: Weder die Einheitliche Europäische Akte noch der Beschluss von 1987 wiesen ihm eine solche Rolle zu. Tatsächlich wurde die Einheitliche Akte durch den Beschluss des Rates von 1987 ausgehöhlt. Die Mitgliedstaaten gaben darin nämlich zu verstehen, dass sie die Durchführung auch künftig kontrollieren wollten. Der Beschluss löste einen erbitterten Streit der Institutionen aus: Das Europäische Parlament focht seine Rechtmäßigkeit sogar vor dem Europäischen Gerichtshof an. Es konnte den Gerichtshof aber nicht davon überzeugen, seine Befugnis zur Erhebung einer Nichtigkeitsklage anzuerkennen.

 

Eröffnungsansprache auf der Tagung des Europäischen Rates im Namen des gewählten Parlaments

Lord Plumb war der erste Präsident des Europäischen Parlaments, der an einer Tagung des Europäischen Rates teilnahm und dabei den Standpunkt des Parlaments darlegte. Bei der Tagung des Europäischen Rates, die am 29. und 30. Juni 1987 in Brüssel stattfand, hielt zum ersten Mal ein Präsident des Europäischen Parlaments eine Ansprache, bevor der Rat seine Beratungen eröffnete.

 

Lord Plumb letter to Wilfried Martens

Schreiben: Rückblick auf die Teilnahme von Präsident Plumb am Europäischen Rat (Dokument in englischer Sprache hier herunterladen)

 

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Der Europäische Rat von Brüssel 1987: gemeinsame Pressekonferenz von Lord Henry Plumb, Wilfried Martens und Jacques Delors