Egon Klepsch hatte sein Amt als Präsident des Europäischen Parlaments gerade angetreten, als er sich mit den Bedenken der französischen und der luxemburgischen Regierung im Hinblick auf die Sitze des Europäischen Parlaments auseinandersetzen musste. Am 14. Januar 1992 erhielt er ein Schreiben, in dem ihm mitgeteilt wurde, dass sein Vorgänger Enrique Barón Crespo in der Woche zuvor einen Mietvertrag mit Kaufoption für einen Gebäudekomplex mit Büros und einem Plenarsaal in Brüssel unterzeichnet hatte und dabei von den belgischen Behörden unterstützt worden war.
Gemeinsames Schreiben der französischen und der luxemburgischen Regierung zu den Sitzen des Europäischen Parlaments (PDF auf Französisch)
Dieses Projekt – Büros in Brüssel für die Abgeordneten des Europäischen Parlaments, damit sie in den Wochen, in denen sie nicht wegen der Plenartagung in Straßburg waren, ihrer Arbeit nachgehen konnten – wurde vor Enrique Barón Crespo bereits von den früheren Präsidenten Piet Dankert, Pierre Pflimlin und Lord Henry Plumb vorangetrieben. Gleichzeitig war geplant, zusätzlichen Büroraum in Straßburg anzumieten.
[Das Präsidium] BESCHLIEẞT:
In Bezug auf Brüssel:
— den Präsidenten und den Generalsekretär mit der Anmietung der Gebäude D1, D2 und D3 zu beauftragen, um die Verfügbarkeit von 2 600 Büros und 300 Sitzungssälen in einem zusammenhängenden Komplex sicherzustellen und so den funktionalen Anforderungen der Institution gerecht zu werden,
— bisher belegte Gebäude, die nicht mehr benötigt werden, je nach eigenem Bedarf freizugeben [...].
Dieser Beschluss sieht auch die Anmietung zusätzlicher Räumlichkeiten in Straßburg vor.
Präsidiumsbeschluss vom 14. März 1990 (PDF auf Französisch)
Die französische und die luxemburgische Regierung protestierten entschieden gegen dieses Projekt. Ihrer Ansicht nach würde es zu einer dauerhaften Ansiedlung wesentlicher Parlamentstätigkeiten in Brüssel führen. Sie setzten das Vorhaben mit einer faktischen Verlegung des Parlaments gleich und wiesen darauf hin, dass dies zum einen gegen den Vertrag und die Vereinbarungen zwischen den Regierungen der Mitgliedstaaten und zum anderen gegen den Grundsatz der Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und den EU-Organen verstoßen würde.
Ende 1992 beschloss Präsident Klepsch, den Einspruch des Finanzkontrolleurs gegen das Immobilienprojekt in Brüssel zurückzuweisen und mit der Ausweitung der Parlamentspräsenz in Brüssel fortzufahren.

Zur Frage stand auch der Bau des neuen Parlamentsgebäudes in Straßburg. Im obigen Interview erklärt Präsident Klepsch:
„Ich war auch der Meinung, dass es wichtig war, in Straßburg das Plenum zu haben. Denn dorthin mussten Rat und Kommission jeden Mittwoch kommen, um Bericht zu erstatten. Und das Parlament konnte diese direkt diskutieren. Für die öffentliche Meinung war das eine hervorragende Möglichkeit, das Parlament sichtbar zu machen, denn in Brüssel war ja alles andere [...], dass man auf diese Weise Straßburg hervorhob.“
Außenansicht des Louise-Weiss-Gebäudes des Europäischen Parlaments in Straßburg. Foto: © Europäische Union, Gebäude: © Architekt: Architecture Studio