Die Menschen hinter den Namen der Gebäude des Europäischen Parlaments: Robert Schuman


Schuman Building in LuxembourgSitz der EU-Organe in Luxemburg – Schuman-Gebäude © Europäische Union 2012 – Europäisches Parlament

Robert Schuman, Präsident der Europäischen Parlamentarischen Versammlung, dem Vorläufer des heutigen Europäischen Parlaments

Der Name Schuman hallt häufig in den Gebäuden des Europäischen Parlaments wider. Eines davon trägt in Luxemburg sogar seinen Namen, ebenso wie ein berühmter Kreisverkehr in Brüssel. Schuman gilt als einer der Gründerväter der EU und war zudem eine außergewöhnliche Persönlichkeit. Der hingebungsvolle Schuman hatte seine Nase immer in einem Buch, mochte die Routine und nahm sich ungern auch nur einen Tag frei. Anlässlich des 70. Jahrestags der Schuman-Erklärung gedachte das Europäische Parlament 2020 seines Lebens, über das Sie hier mehr erfahren können.

Schuman bleibt nicht nur für seine Erklärung vom 9. Mai 1950 in Erinnerung, die den Grundstein für den Aufbau einer europäischen Gemeinschaft legte. Auch als Präsident der Europäischen Parlamentarischen Versammlung – des Vorläufers des Europäischen Parlaments – hinterließ er sein Vermächtnis. Seine Wahl durch die Versammlung im März 1958 verdankte Schuman seinen Verdiensten für die Einheit Europas. Der Weg, den er bis dahin zurückgelegt hatte, war jedoch kein einfacher gewesen.

Flags in front of the Schuman Building in LuxembourgLänderflaggen vor dem Schuman-Gebäude des Europäischen Parlaments in Luxemburg © Europäische Gemeinschaften

Eine zerrüttete Kindheit

Robert Schuman wurde am 29. Juni 1886 im luxemburgischen Clausen geboren. Auch seine Mutter stammte aus Luxemburg. Sein Vater hingegen kam aus Lothringen, das zu der Zeit dem Deutschen Reich angehörte und heute Teil der französischen Region Grand Est ist. Schuman wurde also als Deutscher geboren, wuchs aber im Großherzogtum Luxemburg auf. Seine Weltanschauung und sein kulturelles Umfeld waren sowohl französisch als auch deutsch geprägt. Während des Ersten Weltkriegs wurde er für dienstunfähig erklärt und rückte daher nicht in die deutsche Armee ein. Stattdessen wurde er in der Verwaltung eingesetzt und distanzierte sich von der nationalistischen Politik des Deutschen Kaiserreichs. Schuman erhielt mit 32 Jahren die französische Staatsbürgerschaft, als das Elsass und Lothringen mit dem Vertrag von Versailles 1919 wieder an Frankreich gingen. .

Schuman ließ sich als Rechtsanwalt in Metz nieder und begann seine politische Karriere als Abgeordneter des französischen Départements Moselle, bevor er später in die Regierung eintrat. Im September 1940 wurde er von den Besatzungstruppen verhaftet und inhaftiert. Ab April 1941 stand er in Neustadt in der Pfalz unter Hausarrest. Im August 1942 gelang Schuman die Flucht und er überquerte das besetzte Gebiet bis nach Lyon, wo er bis zur Befreiung Europas versteckt blieb.

Schuman at an EAEC/Euratom Commission Oath-Taking Eidesleistung der Kommissionsmitglieder der Europäischen Atomgemeinschaft © Europäische Gemeinschaften 1959

„Einen, was geteilt ist“

Schuman war überzeugt, dass die einzelnen Nationalstaaten nur dann eine gemeinsame Zukunft aufbauen können, wenn sie sich zu einer überstaatlichen Einheit zusammenschließen. Diesen Zusammenschluss stellte er sich jedoch anders vor als die anderen Gründerväter. Seine Ansichten unterschieden sich insbesondere von denen Jean Monnets, mit dem er eng zusammengearbeitet hatte. Schuman fand, dass die neue europäische Gemeinschaft auf Nationalstaaten aufbauen sollte. Die einzelnen Staaten sollten geeint sein – und nicht eins werden. „Es geht darum, das zu vereinen, was geteilt und getrennt ist, und nicht das miteinander zu verschmelzen, was unterschiedlich ist.“ Trotz der großen kulturellen Vielfalt fanden die Länder einen gemeinsamen Nenner an Werten.

Schumans Vision für Europa war von dieser Haltung geprägt: „Die Europäische Gemeinschaft muss die Voraussetzungen für gegenseitiges Verständnis schaffen und dabei die jeweiligen Besonderheiten respektieren.“

Ein allmählicher Machtwechsel

Robert Schuman verstand von Anfang an, dass Europa nur schrittweise aufgebaut werden konnte. War der Weg zur Einigung einmal eingeschlagen, würde ein Schritt dem anderen folgen. Mit dieser praktischen Herangehensweise sollten die neuen europäischen Einrichtungen allmählich mehr Befugnisse erhalten. Obwohl Schuman in seiner Erklärung vom 9. Mai 1950 zweimal den Begriff „föderales Europa“ verwendete, wusste er sehr wohl, dass es für ein solches Ziel noch zu früh war. Stattdessen setzte er darauf, zunächst in einzelnen Bereichen zu arbeiten. Ein Domino-Effekt würde für den zukünftigen Fortschritt sorgen, so hoffte er. Wie wichtig Schumans Vermächtnis ist, zeigt allein der Einfluss der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl auf die Gestaltung der europäischen Organe und Einrichtungen.

Als Vorsitzender der Europäischen Bewegung stand er an der Spitze der Bemühungen, Europa wieder aufzubauen. Im März 1957 gipfelten diese Bemühungen in der Unterzeichnung der Römischen Verträge.

Der von christlichen Werten überzeugte Robert Schuman setzte sich dafür ein, schrittweise ein starkes und geeintes Europa aufzubauen und die europäische Solidarität in den gemeinsamen Einrichtungen zu zementieren. Konrad Adenauer drückte es folgendermaßen aus: „Der Schuman-Plan war eine der wenigen Initiativen, dank derer die europäische Geschichte den Zweiten Weltkrieg hinter sich lassen konnte, und die uns alle mit der Hoffnung – ja, mit der Gewissheit – erfüllten, dass die Zukunft besser wird.“ Im Mai 1960, fast auf den Tag genau zehn Jahre nach dem gefeierten 9. Mai 1950, wurde Robert Schuman zum Ehrenpräsidenten des Europäischen Parlaments ernannt. Sein Vermächtnis beeinflusst und prägt die Europäische Union bis heute.

Aerial view of Schuman Building in LuxembourgDas Schuman-Gebäude in Luxemburg © Europäische Union 2014 – Europäisches Parlament