Sir Graham Watson, Vereinigtes Königreich, MdEP von 1994 bis 2014


MEP Sir Graham Watson Plenardebatte anlässlich des Besuchs des britischen Premierministers im EP in Straßburg. Graham Watson (links), Hans-Gert Pöttering (rechts) © Europäische Union 2005 - Europäisches Parlament

Fraktionen

1994-2004: Fraktion der Liberalen und Demokratischen Partei Europas
2004-2014: Fraktion der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa

Nationale Parteien

1994-2014: Liberal Democrats

Biografie

Sir Graham Robert Watson wurde in Rothesay auf der schottischen Isle of Bute geboren. Nach dem Schulbesuch in Bath kehrte er nach Schottland zurück, wo er an der Heriot-Watt University zeitgenössische Literatur studierte und 1979 seinen Abschluss machte. Er arbeitete zunächst als freiberuflicher Übersetzer. Von 1980 bis 1983 hatte er eine Stelle an der University of Technology of Paisley inne, die es ihm ermöglichte, seine Führungskompetenzen zu entwickeln.

Seine politische Laufbahn begann im Jahr 1972, als Watson zunächst der National League of Young Liberals beitrat und dann Mitglied der Scottish Young Liberals und der schottischen Liberalen wurde. Die Gelegenheit, sich auf internationaler Ebene politisch zu engagieren, erhielt Watson, als er der International Liberal Youth Federation beitrat, deren Vizepräsident er 1977 wurde. 1979 wurde er Generalsekretär der Organisation. Dieses Engagement ermöglichte es ihm, das Jugendforum der Europäischen Gemeinschaften ins Leben zu rufen. Von 1983 bis 1993 war Watson Vorstandsmitglied der Europäischen Liberale, Demokratische und Reformpartei. Zwischen 1983 und 1987 leitete er außerdem das private Büro des damaligen Vorsitzenden der britischen Liberal Party, Sir David Steel.

1988 arbeitete Watson für die Hong Kong & Shanghai Banking Corporation (HSBC) in London und Hongkong. Im Rahmen seiner Aufgaben arbeitete er mit der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung zusammen, was sein Interesse am Fernen Osten verstärkte und ihn dazu veranlasste, Mandarin zu lernen, um 2007 Berater des Asia-Pacific Public Affairs Forum werden zu können.

MEP Sir Graham WatsonÖffentliche Anhörung: China und das EU-Waffenembargo: Zeit, das Embargo aufzuheben? - Graham Watson (links), Dirk Sterckx (rechts) © Europäische Union 2005 - Europäisches Parlament

Am 11. Juni 2011 wurde Graham Watson im Rahmen der Feierlichkeiten zum Geburtstag der Queen zum Ritter geschlagen. Er hat außerdem Ehrungen von China, Georgien und Gibraltar erhalten. Im Vorlauf zum Brexit-Referendum führte Watson 2016 die „Remain“-Kampagne in seiner Region an, die für den Verbleib des Vereinigten Königreichs in der EU plädierte.

Tätigkeit für die EU

Bei den Wahlen zum Europäischen Parlament 1994 wurde er mit einer Mehrheit von mehr als 22 500 Stimmen zum Vertreter der Regionen Somerset und North Devon gewählt. Graham Watson wurde das erste Mitglied der Liberaldemokraten, das einen britischen Wahlbezirk im Europäischen Parlament vertrat. Dieser Gruppe gehörte auch die parlamentarische Fraktion der Liberalen und Demokratischen Partei Europas an, die wiederum in zwei Ausschüssen vertreten war: im Ausschuss für Wirtschafts-, Währungs- und Industriepolitik und im Haushaltsausschuss. Watson war außerdem stellvertretendes Mitglied des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten. Als Mitglied der Delegation für die Beziehungen zu Japan konnte er sein Wissen über den Fernen Osten gewinnbringend nutzen.

Bei den Wahlen zum Europäischen Parlament 1999 wurde Graham Watson als einziges Mitglied der Liberaldemokraten wiedergewählt, wenn auch als Vertreter eines neuen Wahlbezirks. Während seiner Amtszeit leitete er die Gruppe der britischen Liberaldemokraten im Parlament, und zwischen 1999 und 2002 war er Vorsitzender des Ausschusses für die Freiheiten und Rechte der Bürger, Justiz und innere Angelegenheiten. In derselben Wahlperiode folgte er zudem Pat Cox als Vorsitzender der ELDR-Fraktion von 2002 bis 2004 nach. Er blieb außerdem weiterhin Mitglied der Delegation für die Beziehungen zu Japan und Mitglied des Ausschusses für Wirtschafts-, Währungs- und Industriepolitik. Darüber hinaus war er stellvertretendes Mitglied des Ausschusses für Regionalpolitik, Verkehr und Fremdenverkehr. Watson war auch Chefredakteur der Zeitschrift The Parliament Magazine.

MEP Sir Graham WatsonSitzung der ELDR-Fraktion in Straßburg. EP-Präsident Pat Cox (Mitte links), Graham Watson (Mitte rechts) © Europäische Union 2002

Seit seiner Wiederwahl im Jahr 2004 arbeitete Graham Watson auf den Zusammenschluss der ELDR-Fraktion und der Europäischen Demokratischen Partei (EDP) hin, was schließlich dazu führte, dass beide in der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa (ALDE) aufgingen. Watson wurde Vorsitzender der ALDE-Fraktion, die nun neben der Europäischen Volkspartei (EVP) und der Fraktion der Sozialdemokraten (S&D) eine der größten Fraktionen im Europäischen Parlament war.

Während dieser Wahlperiode fokussierte er seine Arbeit insbesondere auf die Delegationen für den Fernen Osten. Er war Mitglied der Delegation für die Beziehungen zur Koreanischen Halbinsel und der Delegation für die Beziehungen zur Volksrepublik China und weiterhin auch der Delegation für die Beziehungen zu Japan. Zudem war er auch in verschiedenen Ausschüssen aktiv, so zum Beispiel im Rechtsausschuss, im nichtständigen Ausschuss zu den politischen Herausforderungen und den Haushaltsmitteln der erweiterten Union 2007–2013 und in der Konferenz der Präsidenten.

Am 7. Januar 2009 gab er seinen Wunsch bekannt, nach den Wahlen im Juni 2009 als Kandidat für das Amt des Präsidenten des Europäischen Parlaments zu kandidieren.

Graham Watson begann seine vierte Amtszeit als MdEP mit einem Ergebnis von 17,07 % der Stimmen, womit er hinter den Konservativen und der UK Independence Party (UKIP) lag. Am Ende des Wahlgangs beschloss er, den Vorsitz der ALDE-Fraktion abzugeben. Während dieser Wahlperiode widmete Watson sich voll und ganz der Arbeit in den Delegationen und Ausschüssen, in denen er Mitglied war, und war insbesondere in der Delegation für die Beziehungen zu den Ländern Südostasiens und dem Verband südostasiatischer Nationen (ASEAN), in der Delegation für die Beziehungen zur Volksrepublik China und in der Delegation für die Beziehungen zu Indien aktiv, deren Vorsitzender er im September 2009 wurde. Zudem war er u. a. Mitglied des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten, der Konferenz der Delegationsvorsitze und des Fischereiausschusses. Darüber hinaus war er Mitbegründer und Vorsitzender des sogenannten Klimaparlaments, eines globalen Netzwerks von Gesetzgebern, die sich für den Übergang von fossilen Brennstoffen zu Energie aus erneuerbaren Quellen einsetzen. Graham Watson unterstützt auch die Kampagne für die Einrichtung einer Parlamentarischen Versammlung der Vereinten Nationen, eine Organisation, die sich für eine demokratische Reform der Vereinten Nationen einsetzt.

Im Mai 2014 kandidierte Graham Watson für eine fünfte Amtszeit, erhielt jedoch nur 10,7 % der Stimmen aus seinem Wahlbezirk und wurde somit nicht wiedergewählt.

Weitere informationen zu seiner Zeit als MdEP finden sich hier

Was sich im Archiv befindet

Aufgrund der Länge seines Mandats als MdEP und aufgrund der zahlreichen Funktionen, die er in Ausschüssen, Delegationen und Fraktionen innehatte, war Graham Watsons Mandat sehr ereignisreich.

Im Mittelpunkt seiner Arbeit standen vor allem die Bekämpfung des Terrorismus und die Achtung der Menschenrechte. Zur Bekämpfung des Terrorismus hat er als Berichterstatter in den Jahren 2001 und 2002 drei Berichte verfasst. Die von der EU zu ergreifenden Maßnahmen führten trotz der künftigen Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 zu einer paradoxen Situation in Bezug auf den Zugang zu Informationen und die Übermittlung von Dokumenten innerhalb der EU, und Watson übermittelte eine Reihe von Maßnahmen in Bezug auf die Verfügbarkeit sensibler Dokumente. Er trug unter anderem zur Festlegung des Begriffs „terroristische Handlung“, zur Ausarbeitung des Europäischen Haftbefehls und zur Skizzierung der möglichen Folgen des internationalen Terrorismus für Justiz und Inneres bei. Graham Watson beschäftigte sich auch mit der Situation der Strafgefangenen in Guantanamo. Er behandelte dieses Thema nicht nur in zahlreichen Pressemitteilungen und Redebeiträgen bei Plenartagungen, sondern schlug auch eine Empfehlung dazu vor. Ferner beschloss er die Einrichtung einer Delegation, die das Gefängnis besuchen sollte.

Der Abgeordnete und seine Fraktion beteiligten sich intensiv an der Ausarbeitung der Charta der politischen Parteien für eine demokratische und nichtrassistische Gesellschaft und an der Arbeit der Europäischen Beobachtungsstelle für Rassismus und Fremdenfeindlichkeit, für die er einen Antrag auf finanzielle Unterstützung gestellt hat. Graham Watson leitete auch die Sitzungen des Lenkungsausschusses.

Zu den weiteren Themen gehören EU-Finanzmittel, Dienstleistungsrichtlinien, Aufhebungen der Immunität sowie Petitionen im Namen von Interessengruppen. Nebenbei reichte Graham Watson auch regelmäßig mündliche und schriftliche Anfragen zu einer Vielzahl von Themen ein, so zum Beispiel zu fischereirelevanten Themen, zur Themen der Transparenz der Europäischen Organe und Einrichtungen oder zur Religionsfreiheit in Drittstaaten.

Aus politischer Perspektive setzte er sich für die Werte seiner Fraktionen (ELDR und ALDE) ein. Eines seiner Hauptanliegen war es, Schwachstellen in deren Programmen zu beheben, insbesondere in Bezug auf die Rechte der Frauen und die Gleichstellung der Geschlechter, die Umwelt, die Entwicklung und die Zusammenarbeit. Im Arbeitsprogramm 2005–2007 traten allgemeinere Anliegen wie die Zukunft Europas in den Vordergrund.

Watsons Arbeitsunterlagen lassen sich drei Bereichen zuordnen – politisch-wirtschaftlichen Fragen, der europäischen Integration und dem Vereinigten Königreich. Watson bemühte sich darum, die Aktivitäten und die Kommunikation seiner Fraktion auf die Beitrittskandidaten und Erweiterungsländer von 2004 (Slowenien, Slowakei, Rumänien, Bulgarien, Serbien und Montenegro) auszuweiten. Im Rahmen seiner zahlreichen Reisen und Empfänge knüpfte er auch viele internationale Kontakte. Zugleich engagierte er sich aber auch für seinen Wahlbezirk und bezog ihn oft in Aktionen zu wichtigen europäischen Themen wie der europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik ein, die Teil des allgemeinen Programms seiner Fraktion war.

Parlamentarische Tätigkeiten

In dieser Reihe stehen diejenigen Dokumente im Vordergrund, die mit Watsons parlamentarischer Arbeit im Europäischen Parlament in Zusammenhang stehen. Im ersten Teil der Reihe geht es um die Funktionen, die er in Ausschüssen und Delegationen innehatte, sowie um seine Tätigkeit in speziellen Arbeitsgruppen. Der zweite Teil der Reihe umfasst all seine Beiträge und seine legislative Arbeit im Rahmen von Plenartagungen.

Politische Tätigkeiten

In dieser Reihe wird die Tätigkeit des Abgeordneten unter politischen Gesichtspunkten dargestellt. Sie enthält Akten im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Vorsitzender der Fraktion der Liberalen und Demokratischen Partei Europas, seine Arbeitsunterlagen sowie Dokumente, die seine parlamentarische Agenda betreffen. Darüber hinaus umfasst sie auch Akten, die seine Aktivitäten in seinem Wahlbezirk in Südwestengland belegen, sowie Dokumente zu seinem Medienimage und seinen Beziehungen zur Presse. Sein Handeln auf internationaler Ebene wird durch Akten zur Situation der einzelnen Länder veranschaulicht. Die Bestände enthalten auch eine Zusammenstellung seiner Veröffentlichungen, Erklärungen und Interviews im Zusammenhang mit Besuchen und öffentlichen Veranstaltungen. Nicht zuletzt enthält das Archiv auch eine vielfältige Sammlung von Schriftverkehr. Darüber hinaus werden auch noch weitere verschiedenartige Dokumente aufbewahrt