Jean-Antoine Giansily, Frankreich, MdEP von 1995 bis 1999


MEP Jean-Antoine Giansily Jean-Antoine Giansily in einer Plenarsitzung im Europäischen Parlament in Straßburg © Europäische Gemeinschaften 1998 – Europäisches Parlament

Fraktionen

1995: Fraktion der Sammlungsbewegung der Europäischen Demokraten
1995-1999: Fraktion Union für Europa

Nationale Parteien

1995-1999: Centre national des indépendants

Biografie

Jean-Antoine Giansily wurde in Ajaccio in Frankreich geboren. Er erwarb die akademischen Grade eines Magisters der Philosophie und eines Baccalaureus Artium an der geisteswissenschaftlichen Fakultät der Universität Nizza und erhielt auch ein CES in Wirtschaftswissenschaften.

Giansily schlug 1965 eine Beamtenlaufbahn ein und nahm 1975 eine Stelle in der Haushaltsdirektion des Finanzministeriums an. Er war bis 1979 dem Finanzkontrolleur für wissenschaftliche Forschung und danach bis 1984 dem Außenministerium zugeteilt. 1984 wurde er zum Finanzkontrolleur der Region Ile-de-France ernannt und hatte diese Position bis Juni 1990 inne, als er zum Inspektor der Regionalverwaltung ernannt wurde. Danach war er von 1994 bis 1995 Referent für Handel und Handwerk des Ministers für Unternehmertum. Er war 1978 außerdem Prüfer am Institut des Hautes Etudes de Défense Nationale (IHEDN).

Als europäischer Föderalist engagierte er sich für das Nationale Zentrum der Unabhängigen und Bauern (CNI), einer konservativen und traditionsgebundenen politische Partei. Er war von 1979 bis 1983 Generalsekretär der Jugendabteilung „Jeunes indépendants et paysans“ der Partei. Giansily war außerdem 1980 Mitglied des CNI-Vorstands, Nationalsekretär der Partei im Jahr 1987, Generalsekretär von 1989 bis 1992 und nach dem Tod von Yvon Briant von 1992 bis 1996 Parteivorsitzender. Nach parteiinternen Streitigkeiten trat er im Februar 1997 aus dem CNI aus und schloss sich im Januar 1998 dem „Rassemblement pour la République“ (RPR) an.

Am 19. Mai 1995 rückte er gemäß der Liste des UDF-RPR für Jean-Pierre Raffarin, der zum Minister ernannt worden war, in das Europäische Parlament nach. Während seiner Amtszeit als Mitglied des Europäischen Parlaments bis zum Jahr 1999 gehörte er der Fraktion Union für Europa (UPE) an. Der Schwerpunkt seiner Tätigkeit lag auf dem Haushaltsausschuss, dessen stellvertretender Vorsitzender er war, wenngleich er zahlreichen Ausschüssen und Delegationen angehörte.

Neben seiner Arbeit im Parlament hatte er Ämter in der lokalen Verwaltung inne. Er war ab 1983 Mitglied des Bezirksrats des 15. Pariser Arrondissements und ab 1989 Mitglied des Gemeinderats von Paris. Er leistete Unterstützung für die Stadt Bukarest und unterzeichnete am 20. Juli 1996 im Namen des Bürgermeisters von Paris ein Protokoll über die Zusammenarbeit der beiden Städte.

Er engagierte sich als Präsident der Französischen Atlantischen Gesellschaft (AFCA) (1996–2002) und Vizepräsident der Atlantic Treaty Association auch für die transatlantischen Beziehungen und die im Nordatlantikvertrag verankerten Werte. Die Generalversammlung der Atlantischen Gesellschaft fand 1999 in Straßburg statt.

2001 beendete er alle seine politischen Tätigkeiten und kehrte in das französische Finanzministerium zurück, wo er die Position des Leiters der Wirtschaftsmission in Istanbul (2001–2005) und danach in Bratislava (2005–2009) innehatte.

Neben seiner Beamtenlaufbahn war er auch schriftstellerisch tätig. Er war Essayist und Polemiker und gründete Zeitschriften und Zeitungen, deren Redaktionen er auch angehörte. Dazu zählten „Revue de Politique Independent“, „Regard européen“, „France Indépendent“ und „France Réelle“. Seine Artikel bezogen sich hauptsächlich auf die Vereinigten Staaten und die Beziehungen zu Frankreich, der Türkei und der Slowakei. Sein Buch „The European Union and the Yugoslav Crisis“ (1999) gründete auf seinen Erfahrungen als Berichterstatter zum Wiederaufbaubudget für das ehemalige Jugoslawien im Jahr 1996.

Weitere informationen zu seiner Zeit als MdEP finden sich hier.

Was sich im Archiv befindet

Die meisten Akten in diesem Bestand gehen auf die Amtszeit von Giansily als MdEP zurück, also auf den Zeitraum von 1995 bis 1999, wobei auch einige Dokumente aus den Jahren 1992 oder 2000 vorhanden sind.

Politische Tätigkeit

Angesichts seiner Ausbildung als Wirtschaftswissenschaftler nehmen Wirtschaftsthemen eine herausragende Stellung ein, wobei ein wesentlicher Schwerpunkt auf finanz-, wirtschafts- und währungspolitischen Themen liegt. Giansily widmete sich vor allem Wirtschafts- und Steuerfragen und den Beziehungen zu anderen Ländern. Die Dokumente veranschaulichen die diesbezüglichen Legislativverfahren und drehen sich um zwei allgemeine Themen. Zum Ersten umfassen die Dokumente zu Haushaltsangelegenheiten Informationen zu Haushaltslinien, Haushaltsberichte sowie Zusatzinformationen zur Erstellung parlamentarischer Berichte zum EGKS-Funktionshaushaltsplan von 1996 bis 1999. Zum Zweiten enthalten die Dokumente zu währungspolitischen Angelegenheiten, darunter die Umstellung auf den Euro und die dritte WWU-Stufe, Redebeiträge aus den Seminaren zur einheitlichen Währung, sonstige parlamentarische Berichte des Ausschusses für Wirtschaft und Währung sowie Broschüren und Informationen zum Euro, die für weitere Arbeiten im Unterausschuss Währung gesammelt wurden.

Beziehungen zu anderen Ländern

Giansilys Aktivität im Bereich der Beziehungen zu anderen Ländern ist ebenso bemerkenswert, insbesondere als Mitglied der Delegationen mit Rumänien und der Türkei, Was Rumänien betrifft, begann sein Interesse in den 1970er-Jahren und entwickelte sich während seiner Zeit als Mitglied des Parlaments und als Vizebürgermeister von Paris (vor dem Hintergrund seiner Mitwirkung am Kooperationsprotokoll Paris-Bukarest aus dem Jahr 1996) weiter. Er verfügte deshalb über gute Kenntnisse der sozialen, politischen und wirtschaftlichen Lage in dem Land. Dokumente mit Bezug zu Rumänien illustrieren die Aktivitäten des Gemischten Parlamentarischen Ausschusses oder es handelt sich um Arbeitsdokumente zur politischen und wirtschaftlichen Lage in dem Land, die als Begleitunterlagen bei Besuchen in Rumänien dienten. Dokumente mit Bezug zur Türkei zeigen die Aktivitäten des Gemischten Parlamentarischen Ausschusses und umfassen Dokumente mit politischen und wirtschaftlichen Informationen zu dem Land, etwa Broschüren zu den Beziehungen mit Griechenland, Zypern und den Kurden.

Die Akten zu parlamentarischen Berichten enthalten besonders umfassende Informationen zur Lage in den Nachfolgestaaten Jugoslawiens nach dem Krieg. Dokumente zum ehemaligen Jugoslawien betreffen Programme, Geberkonferenzen, Haushaltslinien, die Verwaltung von Wiederaufbauprojekten, Kopien von Friedensabkommen, Redebeiträge sowie Informationen zu Wahlen.

Sein Archiv bietet auch zahlreiche Informationen zur Lage in Togo, einem Mitglied der Paritätischen Versammlung AKP-EU, und zu den äußerst umstrittenen Bedingungen bei der Präsidentschaftswahl 1998, bei der Giansily als Beobachter tätig war. Die Vorbereitungen für die Sitzung der Paritätischen Versammlung in Lomé im Jahr 1997 fanden vor dem Hintergrund einer Debatte über die Lage der Demokratie in dem Land statt. Aufgrund des Engagements in Togo wurde die interfraktionelle Arbeitsgruppe EU-Togo „Amitié“ am 27. Oktober 1998 mit Giansily als Präsident eingerichtet.

Die Dokumente über seine politische Partei, das „Centre national des indépendants“ (CNI), die Stadt Paris und die Französische Atlantische Gesellschaft enthalten zusätzliche Informationen, die nur schwer von Jean-Antoine Giansilys Tätigkeit als MdEP zu trennen sind.

Sein Archiv umfasst auch seine Biografie und eine Reihe von Presseartikeln, die sich mit der Umstellung auf den Euro, dem Wiederaufbau des ehemaligen Jugoslawien, Bosnien, Togo sowie den deutsch-französischen Beziehungen befassen.