Der Bestand von Pieter Dankert


European Parliament President Piet DankertEP-Präsident Pieter Dankert leitet die Plenarsitzung in Straßburg © Europäische Gemeinschaften 1984
„Ich habe Europa mein ganz persönliches Versprechen gegeben. [...] Damit meine ich meine Entschlossenheit, Europa zu einem Teil meines Lebens zu machen und das europäische Projekt voranzubringen.“

Biografie

Pieter Dankert war ein niederländischer Politiker, der am 8. Januar 1934 in Friesland geboren wurde. Nach Abschluss einer Schnellausbildung zum Grundschullehrer am Lehrerausbildungskolleg in Leeuwarden (1955–1956) studierte er Geschichte an der Universität Amsterdam (1956–1959). Danach arbeitete er von 1963 bis 1971 als Forscher am Koos-Vorrink-Institut und wurde 1965 dessen Leiter. Von 1975 bis 1980 hatte er die Position des Präsidenten des niederländischen Instituts für Frieden und Sicherheit inne.

Er verstarb am 21. Juni 2003.

Politische Ämter

•    ab 1958: Mitglied der Partij van de Arbeid; ab 1963 Mitglied des Parteivorstands
•    1965–1977: Mitglied des Internationalen Sozialistischen Büros
•    1968–1981: Mitglied der Zweiten Kammer des niederländischen Parlaments; 1973–1980: Vorsitzender des Ständigen Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten
•    1971–1977: Mitglied der Westeuropäischen Union, Generalberichterstatter für den politischen Ausschuss der parlamentarischen Versammlung der NATO
•    1974–1976: Vorsitzender des Königlichen Verteidigungsausschusses
•    1977–1979: Mitglied des Europäischen Parlaments
•    1979–1989: Wahl in das Europäische Parlament
•    1978–1979: Stellvertretender Vorsitzender der Sozialistischen Fraktion
•    1979–1982: Vizepräsident des Europäischen Parlaments
•    1982-1984: Präsident des Europäischen Parlaments
•    1984–1989: Vizepräsident des Europäischen Parlaments
•    1989–1994: Niederländischer Staatssekretär für auswärtige Angelegenheiten, zuständig für die europäische Zusammenarbeit
•    1994–1999: Wiederwahl in das Europäische Parlament

Was sich im Archiv befindet

Das Archiv des Kabinetts von Pieter Dankert ist nach den verschiedenen, während seiner Amtszeit als Präsident des Europäischen Parlaments durchgeführten Tätigkeiten geordnet.

Persönlichkeit des öffentlichen Lebens

PE1 P2 100/PERS

Diese Serie besteht aus allen Unterserien im Zusammenhang mit den öffentlichen Aktivitäten des Präsidenten des Parlaments und seiner Darstellung in den Medien als wichtigster Vertreter des Parlaments in der Öffentlichkeit.

Die Serie besteht aus den folgenden sieben Unterserien:
- biografische Aspekte
- Schirmherrschaften und Veranstaltungen
- Darstellung in den Medien
- Orden und Auszeichnungen
- Verteidigung der Menschenrechte
- Austausch mit Privatpersonen
- Wahl des Präsidenten

Präsidentschaft des Parlaments

PE1 P2 200/PRES

Hierin sind Dokumente zu allen Unterserien im Zusammenhang mit der politischen Tätigkeit des Präsidenten zwischen 1982 und 1984 sowie den administrativen Aufgaben des Kabinetts des Präsidenten enthalten. Diese Hauptserie enthält Dokumente in Bezug auf die Erfüllung der Aufgaben des Präsidenten des Parlaments durch Pieter Dankert und spiegelt den Austausch der Institution mit internen und externen Einrichtungen wider.

Die Unterserien, aus denen diese Hauptserie besteht, fallen in verschiedenen Kategorien:
- Ausübung der Präsidentschaft
- interinstitutionelle Beziehungen
- interparlamentarische Beziehungen
- Außenbeziehungen
- Beziehungen zur Presse
- Beziehungen zu den Bürgern
- interne Beziehungen
- Kabinett des Präsidenten

Sekretariat des Parlaments

PE1 P2 300/SECR

Die letzte Serie enthält alle Unterserien, die die Beziehungen zwischen dem Generalsekretariat und dem Kabinett zwischen 1982 und 1984 widerspiegeln. Die Serie ist deshalb einerseits nach dem damaligen Stellenplan und den fünf Generaldirektionen strukturiert und andererseits nach den verschiedenen internen Einrichtungen des Parlaments, mit denen das Parlament Beziehungen unterhielt: Fraktionssekretariate, Personalvertretung und Gewerkschaften. Diese Dokumente vermitteln ein Bild der wahrgenommenen administrativen Aufgaben und der internen Beziehungen, die vom Generalsekretariat unterhalten wurden.

Die Unterserien sind folgendermaßen klassifiziert:
- Generalsekretariat
- Generaldirektion Sitzungs- und allgemeine Dienste
- Generaldirektion für Ausschüsse und Delegationen
- Generaldirektion für Information und Öffentlichkeitsarbeit
- Generaldirektion für Verwaltung, Personal und Finanzen
- Generaldirektion für Forschung und Dokumentation
- Personalvertretung
- Gewerkschaften
- Fraktionssekretariate

Reflexionen der Präsidenten des Europäischen Parlaments: Pieter Dankert

Wenn man in die Jahre der Vernunft kommt — und nach Lebensalter hat die EWG dieses Stadium erreicht —, dann kann man  sich auch damit befassen, wie wir jetzt konkret weitermachen sollten.

European Parliament President Piet DankertPieter Dankerts Wahl zum EP-Präsidenten: Leo C. Tindemans (links), Pieter Dankert (Mitte) und Enrico Vinci (rechts) © Europäische Union 1982

Das Motto „der Vertrag und nur der Vertrag", das im Wahlkampf zu den ersten direkten Wahlen wieder erklang, kann nicht die Antwort sein, weil ein.Vertrag aus dem Jahre 1957 unmöglich als  Wegweiser für die Gestaltung des europäischen Zusammenlebens bis zum Jahre 2000 dienen kann.

Das ist auch deshalb nicht möglich, weil sich gezeigt hat, dass schon das Europa der Sechs nicht in der Lage war, die Texte aus dem Jahre 1957 in Politik umzusetzen, und das Europa der Zehn dazu noch weniger in der Lage ist, nicht nur weil es größer geworden ist, sondern auch, weil es anders geworden ist. Die juristische Wirklichkeit der Verträge und die politische Wirklichkeit der Zehnergemeinschaft müssen stärker aufeinander abgestimmt werden, und zwar in einer Weise, dass die weitere Entwicklung der europäischen Integration und die demokratische Kontrolle besser gewährleistet sind.

Nur dann können diese Verträge den Ausgangspunkt dafür darstellen, dass wir unsere gemeinsamen Probleme auch gemeinsam anpacken und bewältigen, damit wir sowohl nach außen hin als auch  gegenüber unseren Bürgern als Gemeinschaft glaubwürdig bleiben. Oder muss ich sagen: glaubwürdig werden? [...]

Die Verträge des Kapitols in Rom waren mehr als nur ein Instrument, um die deutsch-französische Konfrontation, die in drei Kriegen zum Ausbruch kam, zu überwinden. Sie haben auch die Europäer aus den anderen Mitgliedstaaten einander sehr viel näher gebracht. Sie haben eine interne westeuropäische Sicherheit geschaffen, ohne dass es dazu der Verteidigungshaushalte bedurfte; der geschichtliche Auftrag der Jahre 1914-191 8 und 1940-1945 wurde erfüllt, die Vergangenheit ist bewältigt; und deshalb stellt sich 1982 die Frage, inwieweit die auch unter Mithilfe der Gemeinschaft bewältigte Vergangenheit für die Generationen nach 1945, die Mehrheit unserer Bevölkerung, noch ein Antrieb zur Zusammenarbeit sein kann, die für sie kein anzustrebendes Ziel, sondern Realität ist. Die Konflikte heißen nicht mehr Frankreich-Deutschland, sondern Ost-West oder Nord-Süd, und gerade auf diesen Gebieten sind es eher die nationalen Regierungen als die Gemeinschaft, die die politische Richtung festlegen und auf die öffentliche Meinung einwirken. Und so kommen die Fragen, die wir 1954 nicht lösen konnten und die wir 1957 mit einem überwiegend wirtschaftlich ausgerichteten Vertrag umgingen, im Jahre 1982 auf Umwegen wieder zu uns zurück, selbstverständlich in einer der heutigen Zeit angepassten Problemstellung.

Der Erfolg von 1957 erklärt sich aus der politischen Motivation und den dadurch eröffneten Perspektiven. Die Verträge sehen 1982 kaum anders aus als vor 25 Jahren, zumindest auf dem Papier. Aber ohne die politische Motivation der Europäer, ohne Zukunftsperspektive können sie auch nicht viel mehr als ein Stück Papier sein. [...]

Piet DankertPieter Dankert bei der Wahl des EP-Präsidenten während der Plenarsitzung in Straßburg © Europäische Gemeinschaften 1984

Wie bereits gesagt  wurde, hat die Gemeinschaft ihren Bürgern unglaublich viel gebracht. Ohne die Zollunion und die Wettbewerbspolitik wäre die historisch einzigartige Entwicklung des Wohlstands in den Ländern der EG seit 1957 nur schwer zu erklären. Die Agrarpolitik, die jetzt einer Reform bedarf, wirkte sich entscheidend aus bei der Modernisierung der landwirtschaftlichen Betriebe und der erheblich reduzierten Abhängigkeit Europas von Schwankungen auf den Weltmärkten. Jaunde und vor allem die beiden Abkommen von Lomé sind Beispiele für eine Entwicklungszusammenarbeit, an die sich noch keine Großmacht herangewagt hat. Der Gemeinschaft ist es zu danken, dass Europa manchmal außerhalb unseres Kontinents stärker präsent ¡st als in den Ländern der EG selbst; allerdings muss man hinzufügen: Allmählich greift die Erkenntnis Raum, dass man die jetzige Wirtschaftskrise besser zu zehnt als allein bewältigen kann. Dieses Moment gilt es auszunutzen, um Europa fortzuentwickeln.

Schon die direkten Wahlen zum Europäischen Parlament zwingen zu solcher Fortentwicklung. Schließlich hat seit 1979 der einzelne Wähler eine unmittelbare Verbindung zur Gemeinschaft. Dies hat die Lage qualitativ verändert. Der Rat repräsentiert jetzt in geringerem Maße, d. h. weniger direkt als das Europäische Parlament, die Völker Europas. Und deshalb ist gute Zusammenarbeit zwischen Rat und Parlament noch notwendiger geworden. Diese Zusammenarbeit kann aber nur gut sein, wenn die Forderungen des Wählers an seine europäische Vertretung vom Rat honoriert werden. Der Rat ¡st damit aufgerufen, neue Wege zu gehen und die verlorengegangene europäische Verantwortung wiederzufinden. Die europäischen Wahlen zwingen die Mitglieder des Rates mehr als alles andere dazu, wie es in der Präambel des Vertrages heißt, „durch gemeinsames Handeln den wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt ihrer Länder zu sichern, indem sie die Europa trennenden Schranken beseitigen". 

Nachdem das Vertrauen in die Zunahme des Wohlstands, das die Erbauer Europas 20 Jahre lang frei hat walten lassen, in die Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes umgeschlagen ist, kann die Gemeinschaft vor der Aufgabe, für national unlösbare Probleme europäische Lösungen zu finden, nicht länger ungestraft versagen. Die  Verkürzung der Arbeitszeit, die Energiepolitik, die industrielle Erneuerung, die weiter gehende wirtschaftspolitische Koordinierung, die Umstrukturierung bestimmter Industriesektoren — auf diesen Gebieten wird das 1984 Erreichte darüber entscheiden, ob noch eine Mehrheit der Wähler nicht nur am Europäischen Parlament, sondern auch an der Europäischen Gemeinschaft überhaupt Interesse hat. Der Erfolg erscheint im Augenblick nicht gesichert. Die Gemeinschaft ist aber zu wichtig, um eine Ablehnung riskieren zu können. Information über die Bedeutung der Gemeinschaft kann hier helfen, entscheidend bleibt aber, dass 270 Millionen Europäer ihre wirtschaftliche und soziale Zukunft an die Existenz der Gemeinschaft knüpfen. Wie können wir ihnen diese Zukunftsperspektive bieten? [...] Unsere Vorgänger des Jahres 1957 und der Jahre danach haben gezeigt, dass die Perspektive aufgezeigt werden kann, wenn der Wille dazu vorhanden ist. Die Probleme von 1982 wiegen schwer genug, um den Versuch zu wagen, den notwendigen politischen Willen erneut zu mobilisieren.

Auszug aus Pieter Dankerts Rede “Europa 25 Jahre nach der Unterzeichnung der Rom-Verträge: Ansprachen anlässlich der Feierlichkeiten im Palais des Académies am 29. März 1982 in Brüssel” 

Piet Dankert Signature