Oral History: Archivmaterial zu Lord Henry Plumb

Menschenrechtsengagement

 

In diesem Interview spricht Lord Plumb darüber, wie das Amt des Mediators des Europäischen Parlaments für grenzüberschreitende elterliche Kindesentführungen eingerichtet wurde.

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Der Mediator des Europäischen Parlaments für grenzüberschreitende elterliche Kindesentführungen

 

Lord Plumb machte sich persönlich und aktiv für zahlreiche Menschenrechtsinitiativen stark. So empfing er am 18. Februar 1987 die „Mütter von Algier“. Dabei handelte es sich eine Gruppe von Frauen, denen französische Gerichte das Sorgerecht für ihre Kinder zugesprochen hatten, deren Ex-Ehemänner diese Kinder jedoch entführt hatten und sie an der Ausreise aus Algerien hinderten.

 

Statement by Lord Plumb, February 1988

Erklärung von Parlamentspräsident Lord Plumb (PDF auf Englisch): Pressekonferenz anlässlich des ersten Jahrestages der Straßburger Vereinbarungen über entführte Kinder, Brüssel, 18. Februar 1988

 

Straßburg war ein wichtiger Zwischenstopp auf dem Marsch von Paris nach Genf, den die Mütter von Algier vom 10. Februar bis zum 4. März 1987 unternahmen. Sie wollten der Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen in Genf einen Empfehlungsentwurf zur Freizügigkeit vorlegen, der zur Aufnahme in den Entwurf des Kinderrechtsübereinkommens gedacht war.

Die Mütter von Algier nahmen auch an einer Plenarsitzung in Straßburg teil und übergaben dem Präsidenten des Europäischen Parlaments eine Petition.

Am 24. Februar 1987 informierte Lord Plumb alle Mitgliedstaaten in einem Schreiben darüber, welche Rolle das Parlament bei der Initiative der Mütter spiele und dass er sie persönlich unterstütze. Am 20. März 1987 wurde auf seine Initiative das Amt des Mediators des Europäischen Parlaments für grenzüberschreitende elterliche Kindesentführungen geschaffen – als Hilfe für Kinder aus gescheiterten binationalen Ehen, die von einem Elternteil entführt worden waren.

An sein Treffen mit den Müttern erinnerte sich Lord Plumb ein Jahr darauf in einer emotionalen Rede, in der er eine Bilanz des bis dahin Erreichten zog.

Mehr zu diesem Thema

 

Sacharow-Preis 1988: feierliche Verleihung an Anatolij Martschenko (posthum) und Nelson Rolihlahla Mandela (in Abwesenheit)

 

Die Europäische Gemeinschaft und die Grundrechte

 

Ende der Siebzigerjahre wurde der Druck auf die Gemeinschaften immer stärker, sich offen zu den Menschenrechtsaspekten ihrer Tätigkeit zu bekennen. Das Europäische Parlament drängte unablässig darauf, die grundlegenden Menschenrechte in die Gemeinschaftsverträge aufzunehmen. Im Mai 1989 schlug es vor, eine Erklärung der Grundrechte zu verabschieden, die Teil einer „Verfassung“ für die Gemeinschaften sein sollte. Zugleich machte sich das Parlament für den Beitritt der Europäischen Gemeinschaft zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte stark.

 

1989-cover-declaration-fundamental-rights-freedoms-de.jpg

Erklärung des Europäischen Parlaments zu den Grundrechten – angenommener Text, 12. April 1989 (PDF)

 

Sacharow-Preis für geistige Freiheit

 

Im Dezember 1985 stiftete das Europäische Parlament den Sacharow-Preis für geistige Freiheit. Damit wollte es Personen oder Organisationen ehren, die die Verteidigung der Menschenrechte und Grundfreiheiten zu ihrer Lebensaufgabe gemacht haben.

 

Notice to MEPs on the Sakharov Prize

Mitteilung an die Mitglieder, Straßburg, 7. Juli 1988 (PDF auf Englisch)

 

Als der Preis ins Leben gerufen wurde, lebte sein Namensgeber, der bekannte Physiker Andrej Sacharow – Mitglied der Akademie der Wissenschaften, Dissident und Friedensnobelpreisträger 1975 –, in der geschlossenen Stadt Gorki, wohin man ihn verbannt hatte. Von dort schickte Sacharow eine Nachricht an das Europäische Parlament, in der er seine Rührung und Freude darüber zum Ausdruck brachte, dass das Europäische Parlament einen Preis für geistige Freiheit stiftete, der seinen Namen tragen sollte. In einem Brief an Lord Plumb kurz vor der erstmaligen Verleihung des Preises erklärte Sacharow, er betrachte dies sowohl als Anerkennung seines Kampfes für die Achtung der Menschenrechte als auch als Ermutigung für all jene, die sich wie er diesem Anliegen verschrieben hatten.

Das Europäische Parlament verlieh den Sacharow-Preis 1988 an Anatolij Martschenko (posthum) und an Nelson Mandela. Da Nelson Mandela zum Zeitpunkt der Preisverleihung noch inhaftiert war, vertrat ihn dabei sein Enkel Mandla Mandela.